Osteopathie (nach Still u. Sutherland)

Gliedert sich in 3 Bereiche

  • Vizeral (Organe)
  • Parietal (Bewegungsapparat)
  • Kraniosakral (Schädel, Wirbelsäule, Becken, Liquor)

In allen drei Bereichen folgt der Therapeut sogenannten osteopathischen Ketten. Der Spur vom Symptom über die verschiedenen anatomischen und physiologischen (funktionellen) Wege zur Ursache um dann regulierend (manuell) einzugreifen und Selbstheilung des Körpers zu ermöglichen. Letztlich lassen sich die Bereiche nicht trennen, da i. d. R. therapeutische Überschneidungen auftreten. Die Osteopathie ist eine ganzheitliche, naturheilkundliche, manuelle Heilmethode, die alle Gewebe des Körpers in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit und ihrem Zusammenwirken versteht. Der amerikanische Arzt Andrew Taylor Still (1828 – 1917) formulierte am Ende des 19ten Jahrhunderts die Grundlagen des osteopathischen Konzeptes. Diese Grundgedanken haben nicht nur ihre Gültigkeit behalten, sondern werden heute durch moderne wissenschaftliche Erkenntnisse in vielerlei Hinsicht bestätigt.

 

1. Der Organismus verfügt über ein System selbstregulierender und selbstheilender Kräfte

Von Gesundheit sprechen wir, wenn ein Gleichgewicht besteht zwischen den von innen und außen auf den Organismus einwirkenden Einflüssen und dessen Fähigkeit auf solche Einflüsse sinnvoll zu reagieren. Ist dies nicht der Fall, meldet der Körper dies durch Symptome vielfältiger Art, die wir auch Krankheitszeichen nennen. Der naturheilkundlich denkende Therapeut sucht bei seiner Arbeit die selbstregulierenden Kräfte zu fördern, damit der Organismus gesunden kann. Das Grundverständnis für das System der Selbstheilungskräfte ergibt sich aus der Betrachtung der Physiologie des Bindegewebes. Die Immunologie hat uns mit ihrer Forschung die Bausteine zum Verständnis geliefert. Naturheilkundlich denkende Wissenschaftler schafften Verknüpfungen: Pischinger (siehe auch Neuraltherapie), Reckeweg, Heine sind bedeutende Forscher, die in den vergangenen Jahrzehnten die Grundlagen der biologischen Medizin ausgehend von der Physiologie des Bindegewebes erforscht und beschrieben haben (Matrixforschung). Die Osteopathie wirkt mit ihrer subtilen Einwirkung auf die Spannungsverhältnisse der Gewebe unmittelbar auf die beschriebenen Systeme.

 

2. Das Gesetz der Arterie

Ohne eine verbesserte Versorgung des Gewebes mit Nährstoffen, ohne gewährleisteten Abtransport von Stoffwechselendprodukten aus dem Gewebe über das venöse und lymphatische System und ohne ein schwerer zu definierendes energetisches Gleichgewicht ist keine Verbesserung der Selbstregulation zu erreichen.

 

3. Das Prinzip der Globalität

Anatomisch wie physiologisch sind alle Körpergewebe und Systeme miteinander verknüpft. Veränderungen an einem Gewebe des Körpers können vielfältige Auswirkungen sowohl lokal, als auch systemisch nach sich ziehen. Die Osteopathie versucht die Zusammenhänge individuell zu verstehen und dieses Verständnis in der Behandlung umzusetzen.

 

4. Der (Spannungs-) zustand der Struktur und die Funktion der Gewebe, stehen in unmittelbarer Abhängigkeit zueinander

Eine Schleimhaut leistet nur dann die ihr zugedachte Arbeit, wenn sie regelrecht versorgt wird. Sie kann nur regelrecht versorgt sein, wenn sich die an- und umliegenden Gewebeschichten in einem ausgewogenen Spannungszustand befinden.

Ein Gelenk ist nur dann beweglich und anpassungsfähig, wenn alle einwirkenden Muskeln und bindegewebigen Strukturen in gleichmäßigem Spannungszustand sind. Ein Gefäß wird Blut nur dann regelrecht zum Zielorgan bringen und aus dem Gewebe wieder abtransportieren wenn im umliegenden Gewebe ausgewogene Spannungsverhältnisse herrschen. Der Osteopath sucht die Zusammenhänge zwischen funktioneller Dysregulation und Dysfunktionen der Struktur aufzudecken und zu beeinflussen.

 

5. Leben ist Bewegung

Dieser bildhafte Satz soll Ziel und Grundlage osteopathischen Denkens und Handelns deutlich werden lassen. Gelingt es dem Osteopathen die Bewegung und Elastizität der Gewebe im Zusammenspiel zu verbessern, so schafft er eine Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben. Für Still war die Verbesserung der Gewebeversorgung das entscheidende Ziel einer Behandlung. Der menschliche Organismus bildet eine Einheit: Alle Gewebe im Körper sind in Bewegung und im Idealfall harmonisch miteinander verbunden. Diese lebensnotwendige Mobilität und Harmonie zu bewahren oder wiederherzustellen ist das Ziel der Osteopathie.

Sie baut auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen auf und setzt eine genaue Kenntnis der Anatomie, Physiologie und Biochemie voraus.

 

Zentrales Element sind die Bewegungen

Der menschliche Körper stimmt alle lebensnotwendigen Funktionen in ständiger Bewegung aufeinander ab – vielmehr, er funktioniert nur deshalb, weil er Bewegungen ausführen kann. Die meisten dieser Bewegungen laufen für uns unbewusst ab:

Während man die Bewegungen an Muskeln, Sehnen und Gelenken meist gezielt ausführt, schlägt das Herz unwillkürlich, die Lungen bewegen sich im Atemrhythmus, Blut, Lymphe und Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit fließen in ihren Bahnen, und der Darm führen wellenförmige Bewegungen zur Verdauung aus.

 

Eingeschränkte Bewegung – eingeschränkte Funktion

Werden die Bewegungen einzelner Körperstrukturen eingeschränkt, beeinflusst das deren Funktion. Still verglich den menschlichen Körper oft mit einem Fluss: Immer wieder gelangen Zweige und Blätter in den Strom – ein ganz natürlicher Prozess. Wenn sich in dem Fluss aber Hindernisse einbetten, können sich die Blätter und Zweige dort verfangen. Damit ist das Problem – eine Anstauung oder Blockade – vorprogrammiert. Ähnliches passiert im menschlichen Körper. Der natürliche Strom wird durch die eingeschränkte Beweglichkeit von Gelenken, Organen und anderen Strukturen behindert, das Gewebe weniger durchblutet und der Stoffwechsel lokal gestört.

 

Vielfältige Ursachen

Die Ursachen einer eingeschränkten Bewegung können unterschiedlicher Art sein. Eine Verstauchung oder Verrenkung kann zu einer bleibenden Bewegungseinschränkung führen. Aber auch geheilte Entzündungen innerer Organe, Operationsnarben oder bestimmte Lebens- oder Ernährungsgewohnheiten können die Beweglichkeit einschränken.

 

Der Körper kann viel kompensieren... aber nicht ohne Folgen!

Denn nicht immer signalisiert uns der Körper eine Funktionsstörung durch Schmerzen oder andere Beschwerden. Unser Organismus ist sehr anpassungsfähig und kann manche Störung, wie Fehlhaltungen, Verspannungen oder sogar Verletzungen, oft über lange Zeit ausgleichen. Dabei wird die eingeschränkte Funktion von anderen Körperstrukturen übernommen. Die Funktionsstörungen verlagern sich, wirken sich auf andere Bereiche des Körpers aus. Ist aber die Ausgleichsfähigkeit des Körpers erschöpft, genügt schon ein kleiner physischer oder psychischer Einfluss, um unverhältnismäßig starke Reaktionen/ Symptome hervorzurufen.

 

Wie funktioniert Osteopathie?

Der Osteopath arbeitet nicht mit Medikamenten oder Instrumenten, sondern nur mit den Händen: Er erspürt Strömungen, Bewegungen und Spannungen im Körper, löst Blockaden in allen Systemen des Körpers und mobilisiert die Selbstheilungskräfte.

 

Patientengespräch und Abtasten des Gewebes

Die Behandlung beginnt mit einem ausführlichen Gespräch, wobei sowohl die genaue Krankheitsgeschichte des Patienten als auch Ernährungs- und andere Lebensgewohnheiten erfragt werden. Erster Schritt zur Diagnose: Listening: in den Körper "hineinhorchen". Der Therapeut "hört" das Gewebe der Patientin ab. Wo liegen die Ursachen für die Bewegungseinschränkungen? Im zweiten Schritt ertastet der Therapeut vor allem Gewebe mit veränderter Beweglichkeit oder Spannung: Palpation. Der geübte Behandler kann minimale Bewegungseinschränkungen im Körper fühlen und interpretieren. Diese Bewegungseinschränkungen nennt er osteopathische Dysfunktion.